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Mad Max – der etwas andere Junggesellinnenabschied

„Mad Max: Fury Road“ heiß die neue Filmauflage der Actionklassiker aus den Jahren 1980, 1981 und 1985. Schon der Titel „Fury Road“ (fury engl. für „Wut“) verspricht dem Zuschauer Materialschlachten, Verfolgungsjagten, Brutalität, Gewalt, Schmerz und Tod – also all das, was einen guten Actionfilm ausmacht. Leider jedoch hält der Titel nicht unbedingt was er verspricht: Der neue Film aus dem Hause der Warner Brothers hätte fast besser mit dem Titel „Mad Max: Eine Reise zu einem x-beliebigen Ort und wieder zurück“ deklariert werden müssen.

Wie bereits die drei anderen zuvor entstand auch dieser neue Film unter der Regie von George Miller, einem australischen Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzenten. Die Produktionskosten sollen bei ungefähr 150 Millionen Dollar (Quelle: Spiegel Online) gelegen haben – immerhin dem Fünffachen beispielsweise der neue Musikkömodie „Pitch Perfect 2“. Doch wie schlägt sich das Werk? Ist die gewaltige Summe gerechtfertigt?
Vorab: Als ich zum ersten Mal die Filmvorschau für das Endzeitspektakel sah, war ich durchaus positiv beeindruckt: Enthüllen mir die meisten Trailer in ihren 2.30 Minuten (leider) bereits meist die ganze Geschichte, so wenig nahm mir dieser doch vorweg – sprich: rein gar nichts. Ich sah eine endlosscheinende Wüste, viele explodierenden Autos und imposante Sandstürme. Worum sich dieser Film eigentlich drehte – dazu gab der Trailer keinerlei Auskunft. Das weckte mein Interesse. Da ich keinen der Vorgänger gesehen hatte ließ ich mich vor dem Kinobesuch noch etwas von meinem Vater informieren: Der Protagonist hieße Max, sei Polizist und schlüge sich durch ein postapokalyptisches Australien der Zukunft. Mehr erfuhr ich nicht und mehr war – wie ich später im Film merkte – auch nicht wichtig.

Handlung
Der Film beginnt mit einem stimmigen Monolog des Protagonisten Max Rockatansky (Tom Hardy). Er führt uns ein in seine Welt, die wir auch aus vielen anderen dystopischen Filme kennen: Die Welt in naher Zukunft – eine unendliche Ödnis, in der, von Natur- wie Atomkatastrophen gezeichnet, ein schonungsloser Bandenkrieg tobt um die letzten Rohstoffe wie Benzin und Wasser. Nach der kurzen Erklärungssequenz erkennen wir den Protagonisten Max, verhüllt und heruntergekommen, auf einer Anhöhe stehen. Seine langen Haare und sein ungepflegter Bart schauen unter der übergestreiften Kapuze hervor; Angst einflößend blickt er in die Kamera, während er eine lebende mutierte Echse verspeist. Alles schön und stimmig. Plötzlich, wie von inneren Regungen oder üblen Ahnungen befallen, springt Max zu seinem nebenstehenden Auto, stopft den braunen, gammeligen Rucksack auf den Beifahrersitz und rast mit gewaltigem Tempo den Sandberg hinunter. Hinter ihm her jagen nun weitere Wagen, alle aus Einzelteilen neu zusammengeschweißt, rostig und scheinbar fast auseinanderfallend – und somit nicht minder hübsch als ihre grölenden, zombiehaft aussehende Fahrer. Sie jagen Max – auch alles sehr stimmig. Eine Verfolgungsjagd beginnt – und endet umso abrupter, als das der uns noch unbekannte Protagonist innerhalb von 10 Sekunden aus seinem Wagen geschossen wird. Wow! Selbst dem wenig an Logik interessierten Actionfan, der sich gerade entspannt zurück gelehnt und in die Popcorntüte gegriffen hat, stellt sich bei diesem Intro die eine Frage: Wie konnte ein Typ, der eine derartige Coolness ausstrahlt, solange in der Wüste überleben und sich gegen die einzelnen Banden behaupten, wenn er mit nur einem einzigen gezielten Schuss direkt ausgeknockt wird?!
In der nächsten Sequenz wacht er gefangen irgendwo auf. Auf seinem Rücken prangt tätowiert der Begriff „Universalspender“ und seine langen, verfilzten Haare und der lustvoll gewucherte Bart werden ihm abrasiert. (Na wenigstens kann er sich jetzt den überfälligen Friseurbesuch sparen.) Er reist sich schließlich los, also ihm die Unholde auch noch ein Totenkopf-Brandzeichen aufdrücken wollen. Er entkommt seinen ersten zehn zombieartigen Peinigern, nur um von den folgenden zwanzig zombieartigen Peinigern doch noch gefangen genommen zu werden. Dramatik pur, ganz nahe am Herzstillstand. (Ironie aus.)
Jeder gute Actionfilm braucht einen Bösewicht – und den lernen wir in der nächsten Sequenz kennen. Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne), stilsicher in zwei gewaltigen Bergen hausend. (Was er macht? Woher er kommt? Warum er so komisch „Jabba the Hutt“- mäßig aussieht? Keine Ahnung. Er tyrannisiert halt so herum – mehr muss man nicht wissen.) Mit seiner Armee aus zombieha… – ich glaube, ihr wisst inzwischen wen ich meine – Dienern, die entfernt an Edward aus „Twilight“ erinnern (und man fast Angst um sie hat, dass sie in der gleißenden Wüstensonne anfangen zu glitzern) terrorisiert er die sogenannten Restmenschen, die Überlebende der Katastrophen, die ihn, am Fuße des Berges stehend, um Wasser anflehen. Immortan Joe erscheint auf seinem filigran in den Berg gehauenen Hoheitsbalkon und spricht zu der bettelnden Masse. Er zieht an einem – erstaunlich rostfreien – Hebel und Wassermassen ergießen sich über die Leidenden. (Sehr imposant. Ich bin mir fast sicher, dass auch Immortan Joe imposand ist oder eher hat…) Aber der üble Tyrann wäre kein übler Tyrann, wenn er nicht bereits nach kurzer Zeit die Wassermassen stoppen und diabolisch lachend den leidenden Restmenschen noch altkluge Sprüche zurufen würde: „Do not become addicted to water, it will take hold of you and you will resent its absence“.
Es kommt wie vorausgesehen: Mad Max gelingt die Flucht. Er schließt sich einem ebenfalls von der Willkürherrschaft der Tyrannen flüchtenden Truck an und los geht die Verfolgungsjagd. Denn der Despot hat das Fehlen eines Wagens und seiner Besatzung (im übrigen leicht bekleidete junge Frauen) natürlich bereits bemerkt – das kann er ja nicht auf sich sitzen lassen: Fortan heißt es drei Armeen seines teuflischen Familienclan gegen einen Truck. Unzählige fanatische weiße, zombieähnliche Gestalten gegen sechs gut aussehende Frauen im besten Studentenalter und – nun ja – Max…

Spannung? – Fehlanzeige
Der ein oder andere unter euch wird jetzt sicherlich erschrocken den Mund zu einer Erwiderung aufreißen: „Keine Spannung?! Dieser Film ist Action pur!“ Nun, dagegen kann auch ich nichts oder nur kaum etwas einwenden: Der Film ist actionreich, zeigt Materialschlachten in rauer Menge, bietet gute bis sehr gute filmtechnische Effekte und präsentiert sich ein einem beinahe irren Tempo. Doch das allein macht keinen guten Film aus; auch das Herumfliegen von dem einhundertsten Auto vermag nicht über den storytechnischen Stillstand bei der Handlung hinwegzutäuschen. Dadurch, dass der ganze Film eigentlich nur darin besteht, dass ein einzelner Truck geradewegs durch die Wüste fährt und dabei von mutierten Gestalten verfolgt wird, geschieht eigentlich kaum mehr als das gelegentliche „Krawumm“ am Straßenrand. Bis zu der 15. Blechbüchse sieht das durchaus spektakulär und gewaltig aus, wird danach aber eher monoton und verleitet nach dem 30 nur noch zu einem gelangweilten Gähnen.
Unterstützt wird diese sich allgemein entwickelnde Langeweile durch das sehr eintönige Setting: Pampa ist eben Pampa und gelber Sand wird auch mit der Zeit nicht interessanter. Ich könnte darüber ja hinwegsehen, wenn der Film diese Eintönigkeit für sich nutzen würde und die brutalen Seiten einer unendlich weiten und sonnengebrannten Wüste zeigen würde. Wassernot, Sonnenstiche oder Halluzinationen – irgendwas davon. Die Charaktere stecken das Wetter und die endlose Weite aber so gut weg, dass das Ganze bisschen so wie ein Junggesellinnenabschied wirkt – nur ohne den attraktiven Stripper. Alles Training und Anpassung? Gut, von mir aus. Aber wenn sich Menschen an diese tödliche Umgebung anpassen, dann erwarte ich auch, dass sich das in ihren Aktionen niederschlägt; dass sie härter und abgestumpfter handeln. Und hier richtet sich an dieser Stelle meine Kritik nicht an die Drehbuchautoren, sondern an Regisseur und Kameramann: An manchen Stellen wird die Härte der Wüste und der dort lebenden Menschen gezeigt, doch immer nur Off-Screen angedeutet. Wenn dort ein Kaiserschnitt bei vollem Bewusstsein durchgeführt wird, erwarte ich von einem FSK16-Film mehr zu sehen als nur das Gesicht des Skalpellführers und mehr zu hören als seine hart klingenden Kommentare. Blut und erschreckendere, länger nachwirkende Bilder wären für einen solchen Film durchaus nicht verkehrt, wenn nicht sogar lebensnotwendig gewesen. Schade!
So bleibt der Film also eine einfache Verfolgungsjagd durch eine eintönige Wüste ohne besonderen Pepp. Als weiteres Manko stellt sich auch Charakterisierung des Protagonisten Max heraus. Der Überlebende ist nicht der redselige Typ und bringt größtenteils nur ein gebrochenes „Mh!“ hervor, sodass man an seine Dialoge an einer Hand, wenn nicht sogar an zwei Fingern abzählen kann. Es mag gemeinhin ein wirkungsvoller Effekt sein, dem Charaktere durch seine Schweigsamkeit den gewissen Hauch Mystery und Abenteuer zu geben, in diesem Falle jedoch wirkt der Griff in die Trickkiste Hollywoods nicht sonderlich gut. Der Effekt der Wortkargheit verpufft und verkommt zum letzten verzweifelten Versuch, Max als Person interessanter zu machen. So scheint er, wenigstens für einen Neuling der Filme wie mich, total austauschbar und oberflächlich zu sein. Ich erfahre praktisch nichts über ihn, seine Vergangenheit oder seine Probleme. So schlimm die immer wieder auftauchenden Flashbacks von kleinen Mädchen und blutigen Gesichtern auch für Max sein müssen, so wenig hat der Zuschauer das Gefühl, das von diesen Einbildungen irgendeine geartete Gefährdung oder Beklemmung ausgehen würde – also auch keine Spannung durch den charakterlichen Zwiespalt des Protagonisten. Bleibt also mehr oder weniger nur noch die Möglichkeit, diese durch sich entwickelnde Charaktere und durch zwischenmenschliche Beziehungen zu erzeugen. Leider jedoch entwickelt sich kein Charakter; die persönlichen Beziehungen und Rollen bleiben oberflächlich und gleich, von Anfang an ist klar wer böse und wer gut ist. Zugegeben, Max brauchte wohl zehn Minuten, um in der Crew der sechs Frauen aufgenommen zu werden, aber danach sind die Rollen klar verteilt und alle bereits zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen. Wo bleibt das gute alte Misstrauen oder das vorsichtige Beäugen der Mitspieler? Wo bleiben die Neugierde an den Schicksalen der anderen oder die sich aufbauenden Freundschaften? Der Film geht mit einer solchen Gleichgültigkeit an die Charaktere und ihre Beziehung heran, dass es dem Zuschauer schlichtweg egal ist, ob irgendjemand gefangen oder getötet wird. Die Zuschauer haben durch die fehlenden und – wenn vorhanden – äußerst platten Dialoge, die nichtssagenden Motive und die unerzählten Hintergrundgeschichten keine Ahnung, wem man da überhaupt beim „Durch-die-Wüste-Fahren“ zuschaut. Und wenn ich die Charaktere nicht kennenlerne, dann ist es mir auch egal, was mit ihnen passiert. Punkt.
Sollte das als Kritik noch nicht genug sein: Das mitgelieferte 3D war so unnötig wie unscharfe Peperoni auf einer Diabolo-Pizza (Entschuldigung für diesen Vergleich, aber ich habe gerade Hunger). Ich finde es fast traurig, dass man selbst bei einem solchen Film – bei dem es sich mit herumfliegenden Gegenständen und explodierenden Autos mehr als nur ein bisschen angeboten hätte – keinerlei nennenswerte Bildsequenzen einfügt, die den Aufpreis für den 3D Film rechtfertigen. Wann wird es wohl endlich – neben dem beispiellosen „Avatar“ – einen Film geben, in dem sich die Macher tatsächlich Mühe geben, durch die dritte Dimension das Kinoereignis noch grandioser und mitreißender zu machen?

Gnadenpunkt für Kreativität
Gibt es überhaupt keinen Lichtblick?! Ich will mal nicht so sein: Neben den kreativ designten Wagen und durchaus einigen äußerlich interessanten mutierten Personen fallen auch einige gute Ideen am Rande auf: So ist beispielsweise der E-Gitarre spielende Mutant auf der Motorhaube ein netter kleiner Running Gag…
Aber alles in allem jedoch konnten auch die nett anzusehenden Mädchen nicht über die Schwächen des Films hinwegtäuschen, er bleibt zu eindimensional und flach. Wer auf Unmengen herumfliegender Wagen steht und sonst keinerlei Ansprüche an das Kinoerlebnis stellt, der wird sich in der ersten Stunde des zweistündigen Films sehr gut unterhalten fühlen. Danach wird es jedoch auch für den Actionfilmfan eher träge und langweilige Kost.

 

Meine Bewertung: 1 Stern (schlecht) – 5 Sterne (sehr gut)

Actionreichtum:          3 Sterne

Spannung:                       1 Stern

Handlung:                       1 Stern

Kreativität:                     2 Sterne

_________________________

2 Sterne (Einmal Schauen reicht.)

 

 

Kategorien: Schule

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