„Kunst lebt durch Interesse“ – Eine kleine Kritik

„Zeichnet doch mal euren Sitznachbarn“, sagt die Kunstlehrerin zu ihren Schülern, woraufhin lautes Stöhnen aus den Sitzreihen zu hören ist. „Ich kann aber nicht malen!“, jammert eine Schülerin. Ein anderer sagt, er wäre total unbegabt in Kunst – Ein typisches Schauspiel in fast jedem Kunstunterricht einer normalen Schule.

Wahrlich, nicht jeder interessiert sich für die bildenden Künste – und er muss es auch nicht. Nur treffen wir an dieser Stelle auf ein Problem, oder besser gesagt ein Schema, das ich in vielen Fächern vermisse; der Schüler wird nicht an das Thema herangeführt. Er wird ohne zu wissen, was es alles gibt, wozu es gut ist, und wie es funktionieren kann auf die Aufgabe losgelassen. Ihm wird gesagt zeichne dies, lese das. Meine Frage ist: Wer möchte schon Vorgaben?

Das Problem ist, dass so das Interesse weder gefördert wird, noch zu Stande kommt. Das, was wir dann hören, ist Stöhnen.

Aber wie soll dieses Interesse überhaupt entstehen? Die Schulen, und selbst das [Bundes]Land hat kein Interesse daran. Sie rühmen sich mit ihren tollen Naturwissenschaftlern, ihren technischen Phänomenen, fördern alles, was damit zu tun hat. Und was macht der Kunstunterricht? Der kratzt am Rande von Gut und Böse.
Ein Beispiel: In der achten Klasse haben die Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums die Pflicht einen Differenzierungskurs zu wählen. „Zur individuellen Förderung“ heißt es. Schön und gut, aber werfen wir einen Blick auf den Wahlzettel, sehen wir, dass der Schüler zwischen drei bis vier Fremdsprachen, drei Naturwisschaften, einer Gesellschaftswissenschaft und einem Kurs namens „Darstellen und Gestalten“ entscheiden kann. Und selbst hier wurden die Bildenden Künste vor zwei Jahren zu einem Kurs zusammengefügt; aus Anfangs zwei Kursen (Malerei und Theater) á 60 Schülern, ist nun ein Kurs entstanden mit höchstens 30 Schülern. Wenn man mich fragt, ist dies eine Schande. Ein Rückschritt, was die Errungenschaft der Künste angeht.
Aber es geht noch schlimmer: Entscheidet man sich einen Leistungskurs Kunst zu wählen, ist man gezwungen, im Abitur eine Matheklausur anstatt einer Kunstklausur zu schreiben. Ich habe von einer Kunstlehrerin gehört, die fragte tatsächlich mal die zuständige Frau, ob die Mathematik-Leistungskurse denn dann auch eine Kunstanalyse im Abitur schreiben müssten. Als Antwort bekam die Lehrerin ein Lachen zuhören.
Den wenigen interessierten Schülern im Bereich Kunst wird somit unterstellt, dass sie nicht genug täten, um ihr Abitur zu schaffen.
Und nun möchte ich mal die ganzen Pädagogig-Kursteilnehmer und Deutsch-, Englisch und Französischabiturienten fragen, was sie denn so im Rahmen ihres Unterrichts und im Abitur schreiben müssen. Genau, eine Analyse oder eine Interpretation. Und im Grunde genommen macht man in Kunst nichts anderes; Man schreibt eine Bildanalyse- und Interpretation. Das kann auch nicht jeder Mensch, genauso wenig, wie jeder Mensch begabt in Mathe ist, oder ein pädagogisches Urteil fällen kann.
Wenn man mich fragt, ist Kunst genauso wichtig wie jedes andere Fach auch: Mathe, Deutsch, Englisch, Biologie, Physik, Sport. Und im Grunde genommen wissen die ganzen Menschen gar nicht, wie wichtig Kunst ist. Kunst ist nicht nur ein Bild. Kunst umfasst Architektur, Kleidung, Werbung, Design. Und wer möchte nicht in einem schicken Haus wohnen, ein fesches Auto haben, trendige Kleidung tragen? Oder einfach nur einen schönen Desktophintergrund haben.

Und das ist es, was ich zu Anfang gesagt habe; Das Problem ist, dass so das Interesse weder gefördert wird, noch zu Stande kommt. Und das ist nicht nur die Aufgabe eines kompetenten Lehrers, sondern auch die der Schulen, Vereine und Ministerien. Kunst lebt durch Interesse. Stirbt das Interesse aus, dann werden die wenigen Interessierten untergehen. Und somit auch die Buntheit und Individualität unserer Gesellschaft. Worauf wollen sich dann unsere tollen Politiker berufen?

Kategorien: GAGpolit, Schule

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